“The Bikeriders” zeichnet mit Austin Butler und Tom Hardy als Mitglieder einer Motorradgang ein ebenso spannendes wie beklemmendes Porträt junger weißer Männer.
In “The Bikeriders” (ab 20. Juni im Kino) verhandeln Austin Butler und Tom Hardy als Mitglieder einer Motorradgang Fragen nach Selbstwert, Verantwortung und Loyalität – unter der Regie von Jeff Nichols, der schon bei “Mud” mit Matthew McConaughey die Strippen zog. Nichols ließ sich von einem Bildband des Fotografen Danny Lyon aus dem Jahr 1968 zu seiner fiktiven Handlung inspirieren und schrieb auch das Drehbuch.
Wer von diesem Film einen gutgelaunten zweistündigen Werbespot für Harley Davidson und Lucky Strike erwartet, wird spätestens nach einer halben Stunde enttäuscht werden: “The Bikeriders” ist ein bedrückendes Drama, das sich vor allem mit der Einsamkeit und Orientierungslosigkeit junger weißer Männer befasst. “The Outsiders” und “Fight Club” lassen grüßen. (Außerdem: 14 männliche Promis, die sich gegen toxische Männlichkeit wehren)
Austin Butler in bester Bad-Boy-Manier
Saufen, raufen, kiffen, Unruhe stiften, zu mehr scheinen die Mitglieder der Vandals nicht im Stande zu sein. Ein jeder von ihnen fühlt sich von der Gesellschaft verraten, vergessen und zurückgewiesen. Die Wut und der Schmerz darüber sind scheinbar nur dann erträglich, wenn die Männer auf Motorrädern über eine Landstraße knattern, Frauen in Kneipen belästigen, oder sich bei einem Picknick mit anderen Bikern prügeln. (Auch interessant: Retro-Motorräder: Das sind die 6 coolsten Bike-Designs)
Doch so peinlich und erbärmlich die Männer in diesen Szenen wirken: “The Bikeriders” ist keine ausdrückliche Satire. Es werden keine Schnitttechniken, Kameraeinstellungen oder Musikunterlegungen verwendet, die den Lebensstil der Biker ins Lächerliche ziehen. Stattdessen setzt Regisseur Jeff Nichols ein cleveres Stilmittel ein, um sich den Vandals kritisch zu nähern: Er lässt die Geschichte des Clubs aus der Perspektive der willensstarken Kathy (Jodie Comer) rekapitulieren, die dem Journalisten Danny (Mike Faist) ein Interview gibt.
Alexa, spiel “I can fix him” von Taylor Swift
Dass jedes Mitglied der Vandals eine wandelnde “red flag” ist, erkennt Kathy bei ihrer ersten Begegnung mit dem Club sofort. Beim Anblick von Austin Butlers Benny ist sie jedoch bereit, alle Warnzeichen zu ignorieren und sich auf dem Rücksitz seiner Harley schnurstracks in die Misere mitnehmen zu lassen. (Lesen Sie auch: Diese Kino-Filme sollten Sie 2024 auf keinen Fall verpassen)
Wirklich verübeln kann man es ihr nicht, denn der Biker-Look steht dem “Elvis”-Star ganz hervorragend: Die Lederjacke schmiegt sich um seine breite Schultern, die Tattoos setzen Akzente auf seinen durchtrainierten Oberarmen, die blonden Haare sind perfekt aus dem Gesicht gegelt – und dann ist da natürlich dieser tieftraurige, verlorene Hundeblick, der zumindest für kurze Zeit über seine charakterlichen Defizite hinwegtäuscht.
Angst vor Einsamkeit und Nähe zugleich
Denn neben seinem toxischen Stolzempfinden, das ihn schließlich schwerverletzt ins Krankenhaus bringt, steht Benny seinem eigenen Glück auch noch durch sein widersprüchliches Verständnis von Bindung und Treue im Weg. Einerseits scheint er sich wie alle Vandals nach einem Gefühl von Zugehörigkeit zu sehnen. Andererseits möchte er selbst seine Frau und seine Freunde aus dem Club auf Distanz halten und sich auf keinen Fall zu etwas verpflichten. Bloß nichts liebgewinnen, bloß nicht für etwas stehen, bloß keine Mühe geben.
Dementsprechend hat Benny auch für seine Ehefrau nicht viel übrig. Genauer gesagt sehen wir ihn und Kathy im Verlauf des Films kaum Zärtlichkeiten austauschen, geschweige denn miteinander reden. Als Kathy schließlich den Mut aufbringt, Ansprüche an ihren Gatten zu stellen, reagiert dieser verblüfft und ablehnend: “Was genau dachtest du denn, was das zwischen uns wird?”(Mehr dazu: Experte verrät: So befreien Sie sich aus einer toxischen Beziehung)
Fazit zu “The Bikeriders”: Stärke hat nichts mit Gewalt zu tun
Kathy ist nicht die Einzige, die Bennys wilde Natur zähmen will. Auch der Anführer des Clubs, Johnny, gespielt von Tom Hardy, redet dem jungen Mann immer wieder ins Gewissen. Vielleicht deshalb weil er erkennt, dass sich der junge Rebell doch noch nicht komplett aufgegeben hat; dass er noch immer eine Chance auf ein besseres Leben hat – er muss sie nur ergreifen wollen.
Johnny ist der wohl komplexeste und dadurch faszinierendste Charakter des Films. Als Anführer des Clubs will er weder gefürchtet werden, noch andere erniedrigen oder ihnen Gewalt antun. Aber er tut es, wenn er muss. Anders als die Mitglieder des Clubs hat er sich tatsächlich darum bemüht, sich ein respektables und stabiles Leben aufzubauen: Er hat ein solides Einkommen, Frau und Kinder. Sein Selbstwert hängt daher im Gegensatz zu seinen Anhängern nicht von den Vandals ab.
Als der Club immer größer und folglich chaotischer, gewalttätiger und krimineller wird, wächst er Johnny jedoch über den Kopf. Sodass Kathy, Benny und Johnny schließlich gezwungen sind, ihre Loyalität gegenüber den Vandals und einander zu überdenken. Insofern ist “The Bikeriders” nicht nur eine faszinierende Milieu-Studie, sondern auch eine allgemeine Studie über toxische Dynamiken und Radikalisierung innerhalb von Gruppen. Eine, die von schockierender Aktualität ist.
“The Bikeriders”: Diese Stars sind neben Austin Butler zu sehen
- Austin Butler ("Dune 2") als Benny
- Tom Hardy (“Venom”) als Johnny
- Jodie Comer ("Killing Eve") als Kathy
- Mike Faist ("Challengers") als Danny
- Michael Shannon ("Midnight Special") als Zipco
- Norman Reedus ("The Walking Dead") als Funny Sonny
- Boyd Holbrook ("Sandman") als Cal
- Emory Cohen ("The Place Beyond the Pines") als Cockroach
- Damon Herriman ("Die Schlange") als Brucie
- Toby Wallace ( “The Society”) als The Kid
- Beau Knapp ("Road House) als Wahoo
- Karl Glusman ("Civil War") als Corky
“The Bikeriders”, im Kino ab dem 20. Juni 2024
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