Farben kombinieren – Das große 1 × 1 der modischen Welt der Farben.
Finger weg von Blau und Schwarz, niemals Weiß nach dem amerikanischen Labor Day und im Zweifelsfall ist weniger immer mehr – seit Generationen werden diese modischen Farbfaustregeln propagiert. Während viele andere Normen mit der Zeit untergraben und angefochten worden sind, wird das mit Farbkombinationen verbundene Modediktat an vielen Stellen nach wie vor mit bestem Wissen und Gewissen eingehalten. Doch wie findet man sich in dem Farbenmeer zurecht, welche Regeln liegen diesem zugrunde und welche farblichen Standards dürfen gebrochen werden?
Farben kombinieren: Woher weiß man, welche Farben zusammenpassen?
Um Licht ins Dunkel des Farbenmeers zu bringen, gilt es sich zuerst einmal auf den Kunstunterricht in Schulzeiten zurückzubesinnen und einen kleinen Crashkurs zum Thema Farbrad zu belegen. Am Ende des Tages liegt den modischen Farbregeln nämlich ein Schame zu Grude, dass Ihnen durchaus bekannt vorkommen dürfte. Das Rad mit seinen zwölf Farben veranschaulicht nicht nur die Zusammensetzung einzelner Töne und die Grundlagen der Farbtheorie, sondern gibt auch Aufschluss auf deren perfekte Kombinationen – zumindest in der Theorie. (Herren Sale Highlights: Diese reduzierten Pieces dürfen Sie sich nicht entgehen lassen)
Primärfarben dürften den meisten, ähnlich wie das gesamte Konstrukt des Farbkreises, noch aus Grundschulzeiten ein Begriff sein. Wer jemals mit einem Farbkasten experimentiert hat, wird schnell festgestellt haben, dass die reinen Farben, Blau, Rot und Gelb, sich nicht durch die Mischung anderer Farben herstellen lassen. Vielmehr bilden diese die Basis für alle anderen Farben des Regenbogens und des Farbkreises, den sie in drei gleichmäßige Teile aufteilen.
Zurück zum Farbkasten, denn die Sekundärfarben, Violett, Orange und Grün, entstehen durch das Mischen zweier Primärfarben und sind im Farbkreis jeweils mittig zwischen ihren relevanten Primärfarben angesiedelt. Noch bunter treiben es die Tertiärfarben, denn diese sind das Resultat aus der Mischung einer Primär- und Sekundärfarbe.
Die zwölf Farben des Farbkreises bilden keineswegs die volle Vielfalt der Farbenfreude ab, dienen jedoch als Grundlage für nahezu jede Farbnuance, denn je nach Mischverhältnis oder der Zugabe von Schwarz und Weiß – zwei Farben, die streng genommen als Nichtfarben gelten – entfaltet sich ein schier unendliches Farbspektrum. Kräftige Farbtöne sind in der Regel Teil des Farbkreises oder werden aus einer Mischung der dort angesiedelten Farben kreiert, während Pastelltöne, von Mint über Flieder hin zu Blassgelb, durch das Mischen einer kräftigen Farbe mit Weiß zum Leben erweckt werden.
Um in die gesamte bunte Welt der Farben einzutauchen, ist es wichtig zu verstehen, dass der Farbton die Farbfamilie eines Kleidungsstücks definiert, während der Wert oder die Tiefe einer Farbe bestimmt, wie hell oder dunkel eine Farbe ist, meist durch die Beimischung von Weiß oder Schwarz. Ebenso definiert die Farbsättigung die Intensität einer Farbe, also wie hell (klar) oder gedämpft sie ist. Eine andere Möglichkeit, Chroma zu verstehen, ist, sich vorzustellen, wie "nah am Grau" eine Farbe ist, denn je mehr Sättigung verloren geht, desto näher kommt eine Farbe dem Grau, und desto gedämpfter wird sie. Eine letzte, wenn auch umstrittene Tatsache der Farbtheorie ist die Wahrnehmung, dass manche Farben als wärmer und andere als kälter empfunden werden. Dies wird oft als Temperatur oder Unterton einer Farbe bezeichnet. Dieser kann entweder warm, kühl oder eine Kombination aus beidem, also neutral, sein.
Welche Farben passen zu allem?
Genau genommen müsste die Frage wohl eher lauten ‚Welche Nichtfarben passen zu allem‘, denn letztlich sind es die unbunten Farben, schwarz, grau und weiß, die Ihnen das Leben und die Farbkombination erleichtern. Alle drei Farben und jegliche aus ihnen resultierende Schattierung können problemlos mit jedem anderen Ton des Farbspektrums kombiniert werden – und das, obwohl sie im besagten Farbkreis selbst nicht auftauchen.
Welche Farben kann man miteinander kombinieren?
Tatsächlich haben wir Ihnen den Farbkreis nicht nur vorgestellt, damit Sie Ihre Schulzeit wieder aufleben lassen, sondern auch, weil darin der Schlüssel zum perfekten Umgang mit Farbkombinationen liegt.
Komplementärfarben stehen sich auf dem Farbkreis gegenüber. Wenn Sie eine plakative Wirkung mit einem starken Kontrast schaffen wollen, sind Komplementärfarben das Mittel der Wahl.
Jede Farbe des Farbkreises hat zwei analoge Farben, die sie jeweils auf einer Seite umschließen. Kombiniert man diese drei Farben erzeugt das einen ruhigen, harmonischen Effekt und eignet sich perfekt für einen unaufdringlichen, intelligenten Look.
Triadische Farben sind in gleichmäßigen Abständen auf dem Farbkreis angeordnet. Bei dieser Kombination kommen Dynamik und Verspieltheit zum Tragen, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass keine Farbe das Rampenlicht stiehlt.
Bei diesem Farbschema werden eine Grundfarbe und zwei benachbarte Farben kombiniert, die zu ihrer Komplementärfarbe gehören. Der Kontrast wirkt dadurch ausgewogener und nuancierter.
Vier Farben, die gleichmäßig auf dem Farbkreis angeordnet sind, bilden ein Quadrat. Dieses Schema sorgt für eine ausgewogene, dynamische Optik und verleiht dem Look einen Hauch von Raffinesse trotz eines bunten Farbenmeeres.
Unabhängig davon, welches Farbschema Sie wählen, gibt es eine goldene Regel: Verwenden Sie immer verschiedene Skalen. Eine Farbe sollte in einem Outfit immer dominieren, während die anderen die Wirkung unterstreichen und ergänzen.
Wie kombiniert man die Trendfarben der Laufstege?
Das Jahr 2024 hat gerade erst begonnen und die Herbst/Winter-Saison 2024 mag für die meisten noch in weiter Ferne liegen, doch auf dem Laufsteg in Mailand bieten die ersten Designer bereits Einblicke in das zu erwartende Farbspektrum für die kommenden Monate. (Welche Farben in der aktuellen Saison im Trend liegen, erfahren Sie hier: Trendfarben Herbst Winter 2023/24)
Petrol ist nicht nur eine Farbe, deren Kombination Fragen aufwerfen kann, sondern bei der bereits bei der Definition erste Hürden zu überwinden sind. Angesiedelt ist der aus Gelb und Blau entstandene Ton in der Cyan-Familie und je nach Gelbanteil kann der Ton grünlicher, genauer gesagt, bläulicher ausfallen. Grundsätzlich spricht man von Petrol, wenn der Ton in ein dunkleres Farbspektrum fällt, wie als Ton-Sur-Ton-Look bei Todd Snyder, ansonsten gilt die Farbe gerne auch als Türkis wie bei Prada als gewagte Kombination mit rotem Cardigan zur grauen Hose.
‚Quiet Luxury‘ dominierte nicht nur das vergangene Jahr, sondern hat auch 2024 weiterhin im Würgegriff, wie Beige- und Karamelltöne auf den Laufstegen und Straßen der Modemetropolen beweisen. Bei Gucci vereinen sich verschiedene warme Beigetöne in einem Look und setzen einen sanften Kontrast zur marineblauen Hose und auch Todd Snyder lässt goldbraune Schattierungen in verschiedenen Texturen miteinander verschmelzen. (Mehr Quiet Luxury? Warum Millionäre diese 5 Farben niemals tragen würden – und Sie es auch nicht tun sollten)
Seit einiger Zeit sieht die Modewelt nicht mehr Rot, sondern Burgunder. Die dunkelrot-purpurne Farbe, die in der Geschichte schon immer für Macht und Ehrgeiz stand, hat die Welt der Damenmode für Frühjahr/Sommer 24 bereits im Sturm erobert und setzt nun ihren Siegeszug auch in der Menswear fort. Auf den Laufstegen wird die kräftige Farbe gerne mit Cremefarben oder weißen Details akzentuiert, um einen noch kräftigeren Kontrast zu erschaffen, wie bei Bottega Veneta. Anderswo wiegt sich der Farbton in der Sicherheit eines analogen Farbschemas und wird durch Töne wie Oxblood, Merlot oder Braun ergänzt á la Fendi.
Khaki ist eng mit Militärkleidung verbunden – zumindest in den meisten europäischen Ländern und in den USA – und ist in der Regel ein bräunlicher Farbton mit einem leicht gelblichen oder grünlichen Schimmer. Was die Farbe allerdings zu einer Herausforderung macht, ist der Fakt, dass es nicht „den einen“ Khakiton gibt, sondern eine fast schon einschüchternde Vielzahl an Varianten. Das allerdings ist kein Grund zum Verzagen, denn glücklicherweise sind fast alle Schattierungen von Khaki relativ neutral und lassen sich daher leicht kombinieren. Fendi lässt sich von der Natur inspirieren und kombiniert Khaki mit den Farben des Waldes sowie einem Hauch von Burgund, während Givenchy einen Khaki-Klassiker, eine Bomberjacke, zu Beige und Blautönen zeigt.
Welche Farben passen nicht zusammen?
Wie bei so vielen Dingen im Leben gilt es bei Farben niemals nie zu sagen, denn selbst die kontroversesten Farbkombinationen können je nach modischer Strömung und dem Empfinden des Designers plötzlich zum Must-Have werden. Grundsätzlich gibt es jedoch einige Kombinationen, die als unharmonisch gelten und eine erhebliche Menge an Fingerspitzengefühl benötigen, um innerhalb eines Looks zu funktionieren. Ein absolutes Paradebeispiel für eine solche Kombination sind die sogenannten Komplementärfarben. Während diese sich im Farbkreis gegenüberliegen, sollten Sie dies nicht unbedingt auch bei ihrer Kleidung versuchen, denn die kontrastreiche Kombination kann sich als äußerst schwierig erweisen – insbesondere, wenn es sich dabei um die beiden Basisfarben des Outfits handelt. Die Ausnahme bestätigt allerdings wie so oft die Regel, denn in der richtigen Mischung, etwa in Kombination mit unbunten Farben, einem starken Fokus auf einer Hauptfarbe und einem bunten i-Tüpfelchen à la Prada kann sich der Mut zur Farbe auszahlen.
Die 3-Farben-Regel
Zwar gibt es einige Farbschemata, die auf mehr als drei Farben basieren, und doch gilt die Faustregel der drei Farben als eine Art Fail-Safe-Variante der Farbkombinationen. Im Kern geht es bei der 3-Farben-Regel, wie der Name schon sagt, darum, die Kombination von mehr als drei Farben in einem einzigen Outfit zu vermeiden. Zu den besagten drei Farben zählen allerdings weder Schwarz noch Weiß, denn diese unbunten Farben können beliebig verwendet werden. Auch Drucke mit mehr als drei Farben können das Zentrum eines Looks nach der 3-Farben-Regel bilden, allerdings sollten die übrigen Teile des Ensembles aus drei Farben bestehen, die dem Muster entnommen werden.
Farben kombinieren: Kleidungsfarbe passend zur Hautfarbe wählen
Die Farbanalyse, bei der mit Hilfe des Farbkreises ermittelt wird, welche Farbtöne der Haut des Trägers am besten schmeicheln, gibt es schon seit Ewigkeiten, aber wie bei so vielen Modeerscheinungen hat TikTok das Tool nun ins Rampenlicht gerückt. Richtig angewandt eliminiert die persönliche Farbanalyse ein großes Fragezeichen in der Modewelt und liefert ganz klare Antworten auf die allgegenwärtige Frage: Welche Farben stehen mir am besten? Die Antwort wird ihnen auf einem silbernen Tablett, oder besser gesagt auf ihrem Bildschirm präsentiert und schon sind Sie je nach ihrer Haut, Augen und Haarfarbe entweder der Typ Winter, Sommer, Herbst oder Frühling.
Sich in der seit ihrer Einführung weiterentwickelten Welt der Farbanalyse jedoch zurechtzufinden, ist gar nicht mal so einfach. Heute gibt es nicht nur vier, sondern plötzlich zwölf Jahreszeiten und am Ende steckt mehr dahinter, auch weitaus mehr als ein TikTok-Filter. Ganz zu schweigen davon, dass, wenngleich ein Filter oder ein Berater Ihnen rät, eine Farbe, die Sie lieben, nicht zu tragen, dies noch lange kein Grund ist, diesen Rat auch zu befolgen. Sicherlich ergibt es Sinn, Farben zu tragen, die ihrem Hautton und Erscheinungsbild schmeicheln, doch fürs Erste reicht dafür auch ein Blick in den Spiegel.
Welche Farben eignen sich am besten für Herrenbekleidung?
Die Zeit, in der die Herrenmode einem Diktat der Farblosigkeit unterlag und lediglich auf klassische Töne wie Blau, Braun, Grau, Schwarz und eventuell noch Anthrazit zurückgreifen darf, liegt lange hinter uns. Heutzutage dürfen die Herren der Schöpfung genauso beherzt in den Farbkasten greifen wie die Damen, denn mit veralteten Rollenbildern und klischeehaften Farbaufteilungen gilt es aufzuräumen. Rosa ist nicht mehr nur für Mädchen, genauso wenig wie Blau nicht den Jungen vorbehalten ist – so oder so ähnlich zumindest die Theorie. In der Realität wird das Straßenbild der Herrenmode weiterhin von gedeckten Tönen und sicheren Varianten geprägt, doch vielleicht leisten die Designerinnen und ihre Farbenmeere ja Schritt für Schritt genug Überzeugungsarbeit, um auch in der Herrenmode immer mehr Licht ins Dunkel zu bringen.