Joggen zu gehen, bedeutet für viele Überwindung. Dabei gibt es eine Reihe von Gründen, warum wir es nicht länger aufschieben sollten.
Laufen ist meditativ, bringt den Endorphinschub mit, nach dem wir uns im Alltag oftmals sehnen – und anders als beim Stemmen von Kilos oder beim Radfahren braucht man zum Joggen lediglich ein gutes Paar Turnschuhe und keine ausgefallene Ausrüstung, um ein paar Kilometer zu laufen.
“Wenn Sie mit dem Laufen beginnen wollen, sollten Sie Ihr Ego vor der Tür lassen”, rät Physiotherapeut David Jou aus New York: “Mit dem Laufen anzufangen, kann eine demütigende Erfahrung sein, die Zeit und Geduld erfordert, bevor sie wirklich Spaß macht. Egal, ob Sie mit Musik laufen oder eine landschaftlich reizvolle Strecke wählen – versuchen Sie sich das Laufen so zu gestalten, dass es Sie reizt. Vor allem, wenn Sie gerade erst mit dem Sport beginnen.”
11 Gründe, warum Joggen gehen jetzt genau das Richtige für Sie ist
Interessiert, aber noch nicht überzeugt? Diese 11 wissenschaftlich und fachlich untermauerten Vorteile des Laufens werden Sie davon überzeugen, sich aufzuraffen und loszulaufen.
Für ein gesundes Herz-Kreislauf-System empfiehlt das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung neben dem Nicht-Rauchen, der gesunden Ernährung und einem gesunden Stress-Management, mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren. Wer es schafft, diese vier Maßnahmen umzusetzen, senkt das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Dafür muss man nicht gleich täglich 30 Minuten joggen gehen – es ist jedoch wichtig, sich täglich zu bewegen, selbst wenn es nur ein zügiger Spaziergang ist, wird das Risiko bereits gesenkt.
Diese Empfehlung deckt sich mit der des Center for Disease Control, eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums. Das Center empfiehlt 150 Minuten mäßig intensiver Bewegung oder 75 Minuten intensiver Bewegung pro Woche – oder eine Kombination aus beidem. Sie müssen also nicht trainiert und athletisch sein, um Ihre kardiovaskuläre Gesundheit (das Herz-Kreislauf-System betreffend) zu verbessern. Je öfter Sie laufen, desto sicherer werden Sie und desto kürzer werden Sie brauchen, um die Empfehlung hin zu intensiven 75 Minuten pro Woche zu erfüllen. Je öfter Sie laufen, desto mehr trainieren Sie außerdem Ihre Muskeln – und Ihr Herz. (Auch interessant: Joggen: Diese 3 Tipps sollten Anfänger unbedingt beachten)
“Beim Laufen wird der gesamte Körper beansprucht, wobei natürlich die Beine im Vordergrund stehen”, sagt Physiotherapeut Jou. “Da praktisch alle Muskeln des Körpers beansprucht werden, ist es ein sehr effektives Training.” Eine Studie, die 2015 in “Exercise and Sport Sciences Reviews” erschien, erklärte dass aerobes Training, einschließlich Laufen, zu Muskelhypertrophie (auch bekannt als Muskelwachstum) führen kann.
“Laufen baut Stress ab”, erklärt Lauftrainerin Kim Yee: “Ich stelle es mir gerne so vor, als hätte man ein nasses Handtuch, das mit all seinen Ängsten durchtränkt ist. Während man sich bewegt, hat man die Möglichkeit, es mit jedem Schritt auszuwringen. Für mich ist das sehr befreiend.” Im Jahr 2020 wurden 116 Studien zu dem Thema analysiert – das Ergebnis besagt, dass Laufen ein wirksames Mittel gegen eine ganze Reihe von psychischen Problemen ist, darunter Stress und Angstzustände. (Das könnte Sie auch interessieren: Wie Stress Ihr biologisches Alter beeinflusst und was Sie dagegen tun können)
Laufen verbrennt Kalorien und regt den Stoffwechsel an. Die Forschung zeigt sogar, dass Herz-Kreislauf-Aktivitäten wie Laufen, effektiv Bauchfett reduzieren können. Der Haken an der Sache: Wenn ihr Hauptziel ist, abzunehmen, müssen Sie sicherstellen, dass Sie einen Plan verfolgen, der nachhaltig ist. Jou empfiehlt, sich an die goldene Regel zu halten: Die wöchentliche Laufleistung sollte nicht um mehr als 10 Prozent steigen.
Laut der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC kann Joggen gehen die Wahrscheinlichkeit von Typ-2-Diabetes, Herzkrankheiten, vielen Krebsarten, Depressionen und Demenz sowie Angstzuständen verringern. Das bestätigen auch die Expert:innen der Deutschen Diabetes Hilfe – vor allem bei einer frühen Diagnose mit Typ-2-Diabetes kann das Laufen einen so großen Effekt haben, dass auf die Einnahme von Medikamenten verzichtet werden könnte.
Wenn Sie bereits an einer Krankheit wie Typ-2-Diabetes oder einer Herzerkrankung leiden, sollten Sie jedoch unbedingt ärztliches Fachpersonal konsultieren, bevor Sie ein regelmäßiges Trainingsprogramm aufnehmen. Sollten die Expert:innen keine Einwände haben, können Sie loslegen.
Wem es noch schwerfällt, sich regelmäßig aufzuraffen, könnte sich beispielsweise mit Freund:innen verabreden – so haben Sie einen verbindlichen Termin, zu dem Sie erscheinen “müssen”. (Weiterlesen: Wie Sie mit fünf einfachen Tipps, die sich leicht umsetzen lassen, fit im Alltag bleiben, erfahren Sie hier.)
Es gibt einen Grund, warum Top-CEOs immer wieder über ihre Vorliebe für das morgendliche Training sprechen. Denn wer am morgen laufen geht, startet den Tag, indem er etwas für sich selbst tut. Das kann zu einem Dominoeffekt von weiteren gesunden und produktiven Gewohnheiten führen. Wer am Morgen schon sportlich ist, wird sich wahrscheinlich auch mit einem gesunden Frühstück wohler fühlen und die To-Do-Liste auch motivierter angehen – schließlich will man das Gefühl eines Erfolgserlebnisses beibehalten.
“Wenn man zufrieden vom Joggen zurückkehrt, ermutigt einen das, auch auf die anderen Dinge im Leben zu achten, die einem ein gutes Gefühl geben”, sagt Yee. “Wenn ich also gut laufe, ist es wahrscheinlicher, dass ich darauf achte, was ich esse, wie ich mit mir selbst spreche, mit wem ich meine Zeit verbringe - all diese Dinge.”
Eine jüngst veröffentlichte Studie legt nahe, dass regelmäßiges Laufen bei der Linderung von Depressions- und Angstsymptomen eine ähnliche Wirkung wie Antidepressiva haben kann. Eine Zeit lang wurde angenommen, dass Endorphine – die körpereigenen, schmerzreduzierend wirkenden Hormone – für dieses gute Gefühl verantwortlich sind. Tatsächlich aber zeigen Forschungsergebnisse, dass Endocannabinoide (winzige Neurotransmitter, die für das Hochgefühl beim Laufen verantwortlich sind) genau hier ins Spiel kommen.
In einer Studie, die 2021 in der Fachzeitschrift “Psychoneuroendokrinologie” veröffentlicht wurde, wurden 64 Läufer:innen untersucht, deren Opioidrezeptoren mit einem Medikament namens Naloxon blockiert wurden. Dadurch wurde die Ausschüttung von Endorphinen verhindert. Dennoch wurden ein hoher Endocannabinoid-Spiegel im Blut der Teilnehmenden festgestellt. Die Gruppe berichtete, dass sie weniger Angst und mehr Euphorie empfanden – woraus sich schließen lässt, dass Endocannabinoide einen direkten Einfluss auf die Verbesserung der Stimmung haben.
“Egal, wo man sich befindet, beim Laufen hat man fast immer Zugang zu einer Gemeinschaft”, sagt Yee, der für Nike in New York trainiert und auch eine Mannschaft namens “Old Man Run Club” leitet. “Ich liebe die Möglichkeit, mit neuen Leuten in Kontakt zu kommen, und wenn man neu in einer Gegend ist, ist das Laufen eine hervorragende Möglichkeit, neue Beziehungen zu knüpfen, was mit zunehmendem Alter sehr schwierig sein kann.”
Sie wissen nicht genau, wo Sie anfangen sollen, wenn es darum geht, eine lokale Laufgruppe zu finden? Schauen Sie doch Mal in den sozialen Medien oder in Fachgeschäften in der Nähe vorbei – diese können eine große Hilfe sein, um andere Sportbegeisterte in Ihrer Nachbarschaft zu finden, denen Sie sich anschließen könnten.
Wie bei vielen anderen Fitnessaktivitäten ist es auch beim Laufen so, dass man, sobald man merkt, dass es einem Spaß macht, mehr will. Diese Sehnsucht ermutigt selbst junge Sporttreibende, sich neue Ziele zu setzen: “Ich konnte mich selbst durch das Laufen überraschen”, sagt Yee, “und die Aufregung, die entsteht, wenn man sich ein Ziel setzt, es konsequent verfolgt und sich dann beweist, dass man es schaffen kann, ist so wertvoll”.
Sie wissen nicht, wie Sie die nächste Stufe angehen sollen? Yee empfiehlt, sich eine neue Strecke auszusuchen und sie mit einem Freund oder einer Freundin zu absolvieren: “Jeder hat seine eigene Motivation, aufzustehen und loszulaufen”, sagt sie. “Aber es ist etwas ganz Besonderes, wenn man das mit jemandem zusammen macht und gemeinsam etwas Neues erlebt.”
Moderater bis intensiver Sport kann die Schlafqualität von Erwachsenen verbessern, weil sie dadurch schneller einschlafen können. Das ergab eine Studie, die 2018 veröffentlicht wurde. Diese besagte auch, dass man durch Sport länger tief schläft. In der Tiefschlaf-Phase ist man besonders entspannt, wodurch diese besonders regenerativ wirkt.
Es kann aber auch sein, dass Sie länger zum Einschlafen brauchen, wenn Sie ein zu intensives Workout hinter sich haben. Denn durch die Bewegung kommt das vegetative Nervensystem in Schwung und braucht dann erstmal Zeit, um zur Ruhe zu kommen. Beobachten Sie am besten, wann Sie besser einschlafen können – und passen Sie Ihre Trainingszeiten dementsprechend an.
Egal, ob es eine Runde joggen, ein Spaziergang oder eine Wanderung ist – Bewegung im Freien wirkt sich sowohl auf Ihr geistiges als auch auf Ihr körperliches Wohlbefinden positiv aus. Die Forschung zeigt, dass die die Kombination aus Bewegung und Natur mehr Vorteile hat als Bewegung in geschlossenen Räumen. Wenn Sie dann noch die Möglichkeit haben, durch das Laufen eine neue Gegend zu erkunden, haben Sie noch einen weiteren Grund, Ihre Kilometer im Freien zu machen. (Weiterlesen: Spazieren gehen am Morgen: 7 Gründe, warum Sie sofort damit anfangen sollten)
Artikel im Original bei GQ US erschienen