Was ist Upcycling? 7 Marken, die die Modewelt revolutionieren

Wie aus Trash Couture wird: Upcycling ist eine Erfolgsgeschichte vom bemühten DIY-Image hin zu massiv begehrlich, auch für Luxusmarken. Ein neues Wertesystem für Mode, in dem Exklusivität und Luxus wieder einen Sinn bekommen.
Marine Serre Show Front Row
Marine Serre

Upcycling: Ein Trend der mehr kann als Do-it-yourself. Was genau ist Upcycling und wie kann dieser Trend in Zukunft die Modeindustrie revolutionieren?

Was heute gehypt wird, ist morgen Problemmüll. In einer Zeit, in der Fragen der Nachhaltigkeit und der Klimakrise in aller Munde sind, scheint es paradox, weshalb ausgerechnet Wegwerfmode immer beliebter wird. Kann Upcycling eine Perspektive sein, den „Take, make, dispose“-Teufelskreis zu durchbrechen?

Inmitten der Isolation globaler Lockdowns boomte Upcycling, als DIY(Do-it-yourself)-Trend auf TikTok, YouTube und Instagram. Heute setzen Designer Trends für nachhaltige Mode mit ihren re- und upgecycelten Kollektionen, und Stars wie Usher und Beyoncé tragen die Looks von Bianca Saunders und Marine Serre.

Was ist Mode, wenn Designer und die Modehäuser, die dahinterstehen, keine Verantwortung für die Umwelt übernehmen? In einer der großen Verschwenderindustrien; einer Branche, in der es zuletzt hauptsächlich um Tempo ging; in der Begriffe wie Ultra Fast Fashion erfunden wurden, ein Synonym für die schnelle Befriedigung des Hungers nach immer neuen Trends. In einer Welt, in der Shein, ein chinesischer Ultra-Fast-Fashion-Gigant, die derzeit beliebteste Modemarke ist, die schlecht gefertigte Kleidungsstücke zu erschreckend niedrigen Preisen anbietet – kurzlebig und kaum wiederverwertbar.

Allein 2018 verursachte die globale Modeindustrie rund 2,1 Milliarden Tonnen an Treibhausgasemissionen, was 4 Prozent der gesamten globalen CO2-Emissionen entspricht, fast doppelt so viel wie die der Luftfahrt (sie lag bei 2,5 Prozent). Wussten Sie, dass 11 Millionen Tonnen Stoff jährlich auf Mülldeponien landen?

Was ist Upcycling?

Upcycling ist eine Form der Wiederverwertung. Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung gehen Hand in Hand. Die Benutzung von bereits vorhanden Material oder bereits bestehenden Kleidungsstücken lässt nicht nur Neues entstehen, sondern wertet alt gewordene Artikel nachhaltig auf.

Upcycling wird als ein wichtiger Teil der Circular Economy gesehen, das Ziel ist Kleidung so lange wie möglich im Umlauf zu halten. So wird das Upcyclen von Kleidung zum Gegenpol der (geplanten) Obsoleszenz, eine von Modefirmen genutzte Marketingstrategie, bei der das Veralten eines Kleidungsstückes geplant und konzeptionell vorhergesehen ist.

Warum ist Upcycling im Trend?

Inmitten der Isolation globaler Lockdowns boomte Upcycling, als DIY(Do it yourself)-Trend auf TikTok, YouTube und Instagram. Nicht nur ökologische Werte, auch künstlerische Aspekte spielen dabei eine Rolle, indem Designer mit bereits vorhandenen Materialien ein neues Unikat erschaffen. Aus einem Haufen alter T-Shirts, Teppichen, Angelschnüren oder zerschlissenem Jeansstoff etwas Schönes herzustellen – keine einfache Sache.

„Das Schöne an einem regenerierten Kleidungsstück ist seine Einzigartigkeit und seine begrenzte Verfügbarkeit;" sagt Marine Serre im GQ Interview.

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Upcycling vs. Recycling

Der Hauptunterschied zwischen Upcycling und Recycling besteht darin, dass upgecycelte Kleidung aus vorhandenen Kleidungsstücken wiederverwendet wird, während recycelte Kleidung aus Materialien hergestellt wird, die zuvor abgebaut wurden. Upcycling verbindet Aufwerten („Up“) und Wiederverwerten („Recycling“) in einem Wort. Zu den gängigen Praktiken gehört die Verwendung von Altmaterialien oder fertigen Kleidungsstücken und Stoffen aus Restbeständen als Grundlage für die Herstellung neuer Produkte sowie die Entwicklung innovativer Stoffe aus recycelten Fasern und Garnen. Anders als beim einfachen Recycling wird beim Upcycling das Material tatsächlich aufgewertet. Mehr zu dem Thema nachhaltige Stoffe finden Sie hier.

Wie funktioniert Upcycling?

Ein alter Stoff, ein Teil, das Sie einfach nicht mehr inspiriert, wird sinnvoll genutzt, um ein neues Kleidungsstück zu produzieren. Dabei sind Ihnen keine Grenzen gesetzt. Sie können im Prinzip bei jedem Kleidungsstück oder Accessoire, für das Sie keine Verwendung mehr haben, überlegen, ob Sie daraus noch etwas Cooles schaffen können. Das Endergebnis ist ein Unikat, das wieder gerne getragen werden soll. Für Ideen, Tipps und Anleitungen gibt es zahlreiche DIY-Videos, Bücher und Ratgeber, die dabei helfen etwas Neues zu kreieren. Ein Mix an Materialien, eine Montage von verschiedenen Stoffen, oder Accessoires, wie beispielsweise Patches, Knöpfe und andere Aufnäher sorgen für einfache Upgrades, ohne dabei viel Zeit zu verlieren. Mittlerweile gibt es sogenannte Repaircafés, die mit Nähmaschinen ausgestattet sind. Falls Sie für diese DIY Projekte keine Zeit haben, finden Sie außerdem zahlreiche Schneider, die sich darauf spezialisieren Ihre Kleidungsstücke aufzuwerten und ihnen ein besseres Leben schenken.

Ist Upcycling wirklich nachhaltig?

Upcycling alter Kleidung gilt als Reaktion auf die textile Überproduktion. Ob Upcycling wirklich nachhaltig ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Kaufen Sie für das Upcycling mehr Material als notwendig, um das neu gefertigte Kleidungsstück dann gar nicht wirklich zu tragen, ist Upcycling nicht sinnvoll. Achten Sie auf Greenwashing und Modemarken, die sich als Upcycling-Brands verkaufen, aber in Wirklichkeit nur neu produzieren. Fragen Sie sich vor dem kreativen Prozess, ob Sie das alte Teil in der Ausführung nicht mehr brauchen können und ob es durch das Umgestalten wirklich verbessert werden kann. Manchmal muss man ein viel getragenes Teil, nur reparieren und nicht gleich upcyclen. Bei der Reparatur werden meist weniger Rohstoffe verwendet und dabei erhält der Artikel nicht unbedingt einen neuen Zweck. Während bei dem Upcycling das Kleidungsstück gewissermaßen zweckentfremdet wird, um es dann aufzuwerten und wieder nützlich und bemerkbar zu machen.

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Diese Modemarken setzen auf Upcycling-Kollektionen

Kreatives Upcycling ist eine zukunftsweisende Lösung, die Kleidungsstücke, die in den Müll kommen und sich in den Lagerhäusern türmen, wiederzuverwerten. Die Möglichkeiten der Wiederverwendung und Kreislaufwirtschaft in der Mode, schafft womöglich eine bessere, nachhaltigere Zukunft in der Industrie. Viele bereits bekannte Brands haben diesen Trend mittlerweile aufgefasst und interpretieren ihre Ideen durch Upcycling-Kollektionen. Erfreulicherweise gibt es auch immer mehr neue, aufstrebende Labels, die ihr gesamtes Marken-Konzept nach dem Prinzip des Upcyclings aufbauen. Nachhaltig Shoppen ist nicht immer so einfach. Wir stellen Ihnen einige Brands vor, die sich in den letzten Jahren stark auf das Thema Upcycling konzentriert haben.

JW ANDERSON

JW Anderson lancierte eine aus bereits vorhandenen überschüssigen Materialien hergestellte 100% upgecycelte und genderneutrale Kapselkollektion. Durch die Verwendung von charakteristischen Techniken wie Patchwork, Reverse Stitching und rohen, freiliegenden Nähten ist die Kollektion ebenfalls der DNA der Marke treu.

LOEWE

Mit dem Fokus auf zweckmäßiges Design und dem Einsatz von Upcycling vereint Loewe einige sehr wichtige Konzepte: nachhaltiges Denken und die Bereitschaft für jedes Abenteuer. Patchwork-Hemden und -Hosen sowie Accessoires, wie einen wandelbaren Rucksack, der aus den Stoffen alter Tarnjacken hergestellt wurde, sowie Mützen, Handschuhe und eine robuste Version eines Athleisure-Sneakers umfasst die Kollektion. Die verwendeten Materialien reichen von upgecycelter Baumwolle bis hin zu Strickwaren, die aus recycelten Plastikflaschen hergestellt wurden.

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MARINE SERRE

Marine Serre begann ihre Marke damit, im Abfall nach Material und Stoffen zu wühlen. Heute verfügt sie über ein 300 Quadratmeter großes Lager, wo Mitarbeiter Säcke mit aus Europa stammenden Upcycling-Kleidungsstücken durchwühlen, um sie zu sortieren und zuzuschneiden. 92 Prozent der Kollektionen sind aus regenerativen Elementen gefertigt, die Stoffe aus Restbeständen, das Upcycling von Kleidungsstücken und die Verwendung von recycelten Fasern wie Fischernetzen beinhalten und ihren großen Sinn für Avantgardismus ausdrücken.

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MAISON MARGIELA

Martin Margiela ist einer der Vorreiter des Upcyclings und war einer der ersten, der diese Praxis übernommen hat. Mit seiner Artisanal-Kollektion, die aus Vintage-Kleidung und Fundstücken besteht, die der Designer in handgenähte Unikate verwandelt, stellt er die Veralterung von Kleidungsstücken infrage. Der radikale Ansatz von Margiela bestand darin, die Konstruktion von Kleidungsstücken zu untersuchen, indem er sie dekonstruierte.

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AVENIR BERLIN

Das Berliner Label nahm sich von Anfang an die Mission, Textilabfälle zu reduzieren, indem sie das verwendet, was bereits vorhanden ist. Beispielsweise übrig gebliebene Textilien und Stoffe, um ihnen einen neuen Zweck zu geben. Die Upcycling-Textilien von Avenir Berlin stammen aus gebrauchten Textilien, Stoffresten und Restbeständen.

SHELTERSUIT

Das von Bas Timmer gegründete Label ist Teil der Stiftung Sheltersuit. Timmer kreiert mit Bedacht mutige, langlebige und einzigartige Kleidung aus recycelten Altmaterialien, die er zum Teil aus den Restbeständen einiger Luxusmodehersteller bezieht und unter der Einhaltung ethischer Gesichtspunkte produziert. Mit jedem verkauften Teil wird zugleich die Sheltersuit Foundation unterstützt – eine Non-profit Organisation, die Timmer nach seinem Studium gründete, um Obdachlsoen in Not eine schützende Kleidung zu bieten, alles begann mit einem Schlafsack der fast wie ein Zelt fungiert und wurde zu einer Erfolgsgeschichte. Mittlerweile unterstützt Sheltersuit weltweit Menschen in Not.

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BIANCA SAUNDERS

Upcycling als eine Methode der Resteverwertung ist für junge Designer, die nur limitierte Ressourcen zur Verfügung haben, oft der einzige Weg, ihre erste Kollektion zu entwerfen. Die Londoner Designerin Bianca Saunders war am Anfang ihrer Karriere auf Stoffspenden angewiesen. Ihre erste Kollektion 2017 nähte sie zum Teil aus Resten des Savile-Row-Designers Ozwald Boateng. Die Models ihrer Frühjahr/Sommer-23-Show tragen durchsichtige Tanktops, bedruckte T-Shirts, geschlitzte Hosen, sexy, anschmiegsame Seidenhemden und geraffte und gecroppte Oberteile. Usher ist einer ihrer Fans.

Saunders verfolgt den Ansatz der Wiederverwertung konsequent weiter. „In den vergangenen Saisons blieb uns eine Menge Stoff übrig. Ich konnte sehen, wie verschwenderisch der Umgang damit sein kann. Ich dachte, es sei ein guter Weg, einen nachhaltigen Aspekt in die Marke einzuführen, indem ich auch Reste von anderen Designern für meine Kollektionen verwende.“

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